…oder was klare Sprache mit Wertschätzung zu tun hat

In fast jeder zweiten Stellenausschreibung stehen Sätze wie: „Uns liegt sehr an einem wertschätzenden Miteinander“ oder „Wir bieten ein gutes Arbeitsklima in einem qualifizierten und wertschätzenden Team“.

Schön und gut, denken wir uns da. Aber Achtung! Der Begriff „Wertschätzung“ kommt unseres Erachtens völlig schräg rüber, denn eigentlich bezeichnet er die innerlich grundlegend positive Sichtweise auf einen anderen Menschen. Sie gründet auf einer inneren, allgemeinen Haltung anderen gegenüber.

Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein Wesen. Sie ist eher unabhängig von Taten oder Leistung. Und Wertschätzung ist auch nicht die Fähigkeit Bitte & Danke zu sagen – das ist “nur” das Ergebnis einer guten Kinderstube.

Wertschätzung ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit, Klarheit, Empathie und Freundlichkeit. „Er erfreute sich allgemein hoher Wertschätzung“ bedeutet umgangssprachlich nichts anderes als: Er ist geachtet/respektiert.

Wertschätzung ist eine Haltung, kein Rhetorikspiel.
Wertschätzung will verdient und gelebt werden.

Warum dann dieser Blogartikel?

Aus unserer Wahrnehmung verkommt Wertschätzung mittlerweile in vielen Unternehmen zum reinen Platzhalter. Im Vorwaschprogramm der Weichspülerei, im Bällebad der Wattebäusche, statt Klartext zu reden und(!) – das gleichzeitige Vermeiden von Konflikten und Diskussionen setzt dem Ganzen dann noch das Krönchen auf.

Wertschätzung bedeutet sehr wohl Kritik zu üben!

Kritik zu äußern ist nicht negativ. Etwas kritisch zu sehen, bedeutet zwei Seiten einer Medaille im Blick zu haben. Dabei eventuell aufgebracht und wütend zu sein, ist absolut menschlich (Wut gehört zu den 7 Basisemotionen – nach Paul Ekman/ Psychologe – die kulturübergreifend und in der menschlichen Mimik erkennbar sind). Gefühle wollen und sollen gefühlt werden.

Der Schlüssel liegt im Wie

Zu sagen, was gut und eben auch, was richtig schlecht gelaufen ist und gemeinsam zu erarbeiten, wie es zukünftig besser laufen wird – das sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Der kleine, aber feine Unterschied liegt darin verborgen, wie ich die Dinge angehe. Wie ich anderen gegenüber eingestellt bin. Wie wir aufeinandertreffen, zusammenarbeiten, uns fördern und fordern. Wie wir gemeinsam Ziele gestalten und verwirklichen. Das Wie entscheidet. 

Na? Eine kleine Reflexion an dieser Stelle gefällig?
Mit welcher Attitüde, mit welcher Grundeinstellung und letztendlich daraus resultierend: mit welchem Verhalten lebst DU das?

Die Wertschätzung ist schließlich die Grundhaltung, mit der ich auf den ersten Kollegen auf dem Parkplatz treffe. Wertschätzung ist die Haltung, mit der ich schon in der U-Bahn sitze und Wertschätzung ist ein Miteinander: das positiv-interessierte Auftreten mit Willen zur Kooperation.

Wertschätzung ist ein Schatz mit hohem kulturellem Wert. Die verborgene Perle in der Auster. An den Schatz kommst du allerdings nur, wenn du dich selbst transparent machst, dich öffnest und klar kommunizierst. Echtheit zulässt und auch lebst. Es gilt Nähe, statt Distanz zu schaffen.

Wenn du wissen möchtest, wie es bei dir im Unternehmen wirklich um die Wertschätzung bestellt ist, gehst du einfach in die Tee­küche und beobachtest die tatsächliche Kommunikation. Statt Wertschätzungs-Pflaster auf Diskussionen zu kleben, versuche es doch mal mit echtem Klartext:

    1. Äußere deine Kritik aus einer positiven Grundhaltung heraus. Voraussetzung ist dabei, die Kommunikation ist frei von Aggressionen (Anmerkung: Solltest du noch auf der Palme sitzen, erst runterdampfen!).Beschreibe die Situation anschaulich und ruhig. Sage deinem Gegenüber, wie du diese Situation persönlich empfunden hast, was das für dich persönlich bedeutet hat und bitte dein Gegenüber um konkrete, möglichst genau beschriebene Unterstützung, damit sich diese Abläufe verbessern. Es ist ja nichts Schlimmes dabei und keiner fühlt sich abgewertet. Nein, im Gegenteil, die meisten Menschen fühlen sich dadurch sogar aufgewertet und einbezogen.
      Beispiel:
      „Hallo Herr Meier. Es freut mich, dass wir uns kurz austauschen. Leider konnten wir die Einhaltung der Deadline nicht realisieren, das setzt mich ganz schön unter Druck, und Sie können sich vermutlich vorstellen, wie unangenehm ich mich damit fühle. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch und mir liegt sehr viel daran, vorgegebene und zugesagte Zeiten einzuhalten. Wir haben nun nur noch 24 Stunden Zeit, das Projekt zum Abschluss zu bekommen. Ich bitte Sie mich in den kommenden Stunden mit A, B, C zu unterstützen. Werden Sie mir helfen? Ist das in Ordnung für Sie?“
    2. Sprich prinzipiell möglichst konkret über deine Ziele (z.B.: für die Erledigung dieser Aufgabe teile ich A, B, C ein). Die Aufgabe ist bis zum XX zu erledigen. Bitte dein Gegenüber um sein Einverständnis.

    3. Vermeide Konjunktive („ich werde, statt ich hätte“, „ich bitte Sie, statt ich würde Sie bitten“)
    4. Bei allem, was du tust, frag dich zunächst, ob es für dein Ziel relevant ist, besprich mit deinem Gegenüber/Team immer nur ein Thema und setzte auch einen Start-/Endpunkt in der Kommunikation („So, bis hier hin haben wir alles besprochen, Fragen hierzu? Nein, dann kann das starten! Nächstes Thema, bitte…”)

Es gilt: Klarheit hilft

Und es hilft auch, wenn man nicht jede Diskussion mit einer Entschuldigung beginnt. Steh zu Deiner Meinung, wenn sie fachlich begründet ist. Entschuldige Dich nicht dafür, dass Du Deinen Job machst. Entschuldige Dich dann, wenn Du in einem Gespräch zu emotional und Deine Kollegen zu persönlich angegangen bist.

Übrigens: Manchmal ist eine emotionale Diskussion viel ehrlicher und schneller ans Ziel führend, als die gespielte Freundlichkeit, bei der man sich permanent versucht auszuweichen und den Eindruck gewinnt, dass man seinem Gegenüber etwas verheimlicht.

#KlareSprache #Wertschätzung #KeineWattebauschdiskussionen #StrategyPirates

 

Über die Autoren:

Steffen Moldenhauer

Gründer & Geschäftsführer der STRATEGY PIRATES®

E-Mail: captain@strategy-pirates.de

Judith Baldes

Office Queen der STRATEGY PIRATES®

E-Mail: judith@strategy-pirates.com